Firma Gabler
100 Jahre wurde Traun von der Textilindustrie geprägt. Angezogen von der Wasserkraft des Welser Mühlbaches entstanden die Kotzenfabrik BERL/Ödt, die Weberei und Spinnerei GRAUMANN/ Traun, die Zeugdruckerei und Weberei Gebrüder ENDERLIN/Traun und die Bänderfabrik GABLER in St. Martin. 1950 kam die Seidenweberei SEWAG dazu. Diese Unternehmen machten aus dem kleinen Bauern- und Fischerdorf einen ansehnlichen Industrieort, der schon vor 1914 fast 6000 Einwohner hatte. Traun war ein wichtiges Zentrum der Textilindustrie in Oberösterreich geworden.
Von all diesen Firmen ist heute nur mehr GABLER-Band als Produktionsbetrieb geblieben, trotz manchem Zusammenbruch und Wiederbeginn.1845 kaufen die Herren Alois Schimak, Johann Kubo und Franz Freiherr von Obenaus die abgebrannte Obermühle und errichten eine Baumwollspinnerei. 1857 wird die Aumühle erworben und ebenfalls für die Produktion genützt. 1870 wird Peter Kubo Alleineigentümer. In der Weberei werden Bänder aller Art sowie Litzen, Schnüre, Borten und Dochte hergestellt.
Die Maschinen werden mechanisch angetrieben. Ein Wasserrad treibt eine Welle an, hölzerne Zahnräder übertragen die Kraft über die „Königswelle“ und Seilantriebe zu den einzelnen Maschinen bis in das 3. Stockwerk.
Es wird ein Park angelegt und eine Kapelle als Grablege der Familie Kubo errichtet („Rindenkapelle“).
1880 wird St. Martin ein Teil der Gemeinde Traun, dafür kommt Wagram zur Gemeinde Pasching.
1894 stirbt Peter Kubo. Seine Nachfolger konzentrieren die Produktion auf die ehemalige Obermühle. In der Aumühle entstehen Wohnungen. Doch bereits 1902 muss der Betrieb stillgelegt werden, und viele Arbeiterfamilien verlassen St. Martin.
1903 beginnt die Periode Franz Fashold. 1905 werden sechs eingeschossige Arbeiterhäuser gebaut – von den Bewohnern von St. Martin als „Kolonie“ bezeichnet – ein Kinderheim wird errichtet, und für die Betriebsangehörigen wird ein Konsumverein gegründet.
1911 werden die Wasserräder durch Turbinen ersetzt und der Werkskanal komplett ausgehoben. Die Investitionen übersteigen die Finanzkraft des Unternehmens, und der Betrieb muss 1914 stillgelegt werden, die Maschinen verkauft.
Mit Beginn des ersten Weltkrieges wird der Betrieb ein Internierungslager für K.u.K. Staatsbürger aus dem Kronland Galizien. Diese wurden verdächtigt für die Zaren-Armee zu spionieren.
Nach Kriegsende beginnt Franz Gabler das Werk in St. Martin wieder aufzubauen: Shedhalle, Färberei, Bleicherei, der Turm – heute ein Wahrzeichen von St. Martin – werden errichtet. Die Produktion wird umgestellt – großen Erfolg erzielt die Firma mit Gummiwaren. Gabler hatte zuvor einen Betrieb in Jägerndorf im ehemaligen Österr. Schlesien.
Die sechs Arbeiterwohnhäuser werden 1921 aufgestockt. Gabler kommt gut über die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre, es kommt zu keinen Massenentlassungen wie in den anderen Trauner Betrieben. 1937 werden 1500 Leute beschäftigt. Eine eigene Marke wird aufgebaut: FRAGAMA = Franz Gabler macht alles. Während des Krieges zwingt der Mangel an Arbeitskräften und Material zu großen Produktionseinschränkungen. 1945 gehen die Werke in Jägerndorf und Leobschütz (ehemals Österr. Schlesien, danach Tschechoslowakische Volksrepublik) verloren.
Durch geschickte Investitionen und Produkterweiterungen entwickelt sich Gabler zum größten Bandhersteller Österreichs – 50 % beträgt der Exportanteil. 1965 wird das Zweigwerk Haslach errichtet. Mit der europäischen Textilindustrie geht auch in St. Martin die Produktion in den 1980er Jahren zurück – 1986 werden nur mehr 160 Leute beschäftigt.
Die insolvente Firma wird 1987 vom Trierenberg-Konzern übernommen, der Park mit Kapelle von der Gemeinde gekauft. 1996 erwirbt die deutsche Berger Gruppe das Werk.
Ing. Georg Sayer