Der Welser Mühlbach
Ohne den Welser Mühlbach wäre die Entwicklung Trauns sicher ganz anders verlaufen. Oberhalb von Wels, bei der sogenannten „Trauner Wehr“, wird er aus der Traun abgeleitet, durchfließt in vielen Windungen die südliche Welser Heide und mündet nach etwas über 30 km bei Kleinmünchen. Sein Alter ist unbestimmt, die erste schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1542, aber möglicherweise ist unser Mühlbach viel älter und bestand schon zur Römerzeit. Er entstand wahrscheinlich als ein Gerinne der Traun, das bei einem Hochwasser blieb, ist also nicht von Menschen angelegt. Zahlreiche Getreidemühlen, einige Sägen und Kupfer- und Eisen – Hämmer nutzten die Wasserkraft des Mühlbaches.
Auf dem heutigen Gemeindegebiet Traun gab es am Beginn des 19. Jahrhunderts 8 Getreidemühlen, ein Sägewerk und ein Hammerwerk, sie alle nutzten die Wasserkraft des Mühlbaches. In den folgenden 50 Jahren verschwanden 6 der 8 Mühlen – nur die Dorn-Mühle („Hansmühle“) und die Zauner-Mühle („Hanslpöckmühle“) konnten sich vorerst behaupten – ebenso schloss das Hammerwerk. Die neuen Nutzer der Wasserkraft waren Textilbetriebe und die Papierfabrik Feurstein. Diese Fabriken beschäftigten viele Menschen aus allen Teilen der k. u. k. Monarchie: Männer, Frauen und Kinder. Dadurch hatte Traun schon vor dem 1. Weltkrieg mehr als 5000 Einwohner. Aus den kleinen Fischer- und Bauerndörfern Traun, St. Dionysen, St. Martin und Ödt war ein bedeutender Industrieort geworden, ein Zentrum der oberösterreichischen Textilindustrie. Mit allen Problemen: die Textilindustrie zahlte Hungerlöhne, Kinderarbeit war üblich, und es herrschte eine unvorstellbare Wohnungsnot. Aber auch andere Probleme gab es, so beschwerten sich zum Beispiel 1853 die Trauner Fischer – der Mühlbach war ein wichtiges Fischwasser – dass die Fische blau wären, da die Abwässer der Zeugdruckerei Gebrüder Enderlin A G in den Mühlbach geleitet würden. Die Beschwerde wurde abgewiesen, da sie zu spät erfolgt sei und mit dem Hinweis „Der Himmel ist auch blau“.
Über den Mühlbach gab es viele Brücken und Stege. Manche Stege dienten den Frauen zum Schwemmen der Wäsche. Da dies auch an kalten Tagen geschehen musste, brachten sie Kannen mit heißem Wasser mit, in die sie die kalten Hände zwischendurch eintauchten, um sie so zu erwärmen.
Um die Wasserkraft nutzen zu können, musste das Gerinne ständig gewartet werden: gegen die schleichende Verlandung wurde das Bachbett immer wieder ausgebaggert, die Ufer mussten befestigt und die Turbinen im Winter vor dem Eis geschützt werden – 1963 wurde sogar eine Pionierkompanie aus Ebelsberg zu Hilfe gerufen. Das verursachte natürlich Kosten und führte dazu, dass von den ursprünglich 6 Trauner Wasserkraftwerken drei stillgelegt und die Wasserrechte zurückgegeben wurden.
1982 wurde im Zug des Kraftwerkbaues Traun/Pucking das Bachbett des durch Traun fließenden Abschnitts des Mühlbaches zugeschüttet und zwischen Traun und Ödt zu einem beliebten Spazierweg umgestaltet.
Den alten Mühlbach gibt es noch immer, zum Teil in einem neuen Bett, aber er hat seine alte Bedeutung als Gewässer mitten im Ort verloren.
Ing. Georg Sayer